Vom Ländle ins Ländle
Die Wirtschaftsmetropole Dornbirn war Ziel der Informationsfahrt von Sonntag bis Dienstag; Zwischen dem Landkreis und dieser in vieler Hinsicht strebsamen Stadt südlich von Bregenz bestehen schon seit einigen Jahren Kontakte in den Bereichen Jugend und Sport. Die waren 1996 in Finnland von Dezernent Paul Grimm und Jugendamtsleiter Franz Pfisterer geknüpft worden und längst hat sich eine Freundschaft gebildet. So wurden die Besucher aus Deutschland äußerst herzlich aufgenommen und betreut.
Schon am ersten Abend nahmen sich Bezirkshauptmann Dr. Hans Mathis, die Stadträte Marie-Louise Hinterauer und Josef Moosbrugger, der gleichzeitig die Landwirtschaftskammer vertrat, sowie der städtische Sportreferent Erwin Reis viel Zeit, um Stadt und Land, Politik, Verwaltungswesen, Wirtschaft und Landwirtschaft vorzustellen und mit den Räten und Verwaltungsleuten aus dem Main-Tauber-Kreis ausgiebig zu diskutieren. Am nächsten Morgen begrüßte Bürgermeister Wolfgang Rümmele in der Sparkasse von Dornbirn die Gäste und stellte die Stadt vor. 43 000 Einwohner hat die Vorarlberger Wirtschaftsstadt mit Tradition. Früher ein Textilzentrum, musste diese Industrie in den 90-ern große Einbrüche hinnehmen. Jetzt hat man sich von der Monostruktur wegbewegt, hat unter anderem den Sprung in neue Technologien und Medien gemacht. Ideenreich wurden außerdem aufgelassene Firmenareale neu genutzt. Heute, so der Bürgermeister stolz, gibt es keine Industrieruine mehr. Mit dem Stadtmarketing hat man - auch konkurrierende - Kräfte gebündelt, um sich nach außen als starke Einheit zu präsentieren.
Aus dem städtischen 290-Millionen-Mark-Etat wird unter anderem ein Krankenhausbetrieb bestritten.
Der Gemeinderat hat 36 Mitglieder inklusive Bürgermeister, aus seiner Mitte werden neun Mitglieder gewählt, die als Beigeordnete mit dem Titel Stadtrat verschiedene Ressorts leiten.
Der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Dornbirn, Dr. Hubert Singer, stellte nicht nur das Kreditinstitut und seinen organisatorischen Aufbau vor, sondern diskutierte mit den Gästen auch über aktuelle Entwicklungen auf dem Banken- und Währungssektor. Der mit dem Kreistag mitgereiste Mergentheimer Sparkassendirektor Edmund Brenner betonte hinsichtlich angesprochener Veränderungen, dass sich seine Organisation in erster Linie am Regionalprinzip orientiere. Es sei wichtig, so Brenner, Gewährträgerhaftung und regionale Verantwortung aufrechtzuerhalten: "Die Welt wird sich verändern, wir als Kreissparkasse wollen in der Fläche bleiben". Den Referaten folgte eine lebhafte Diskussion. Clever, mit frischen Ideen und sicher auch etwas Fortune haben junge Wirtschaftsleute aus einer alten Industriebrache einen äußerst lebendigen Gewerbepark gemacht. Dies konnten sich die Kreistagsvertreter in "Rhombergs Fabrik" vorort ansehen. Innerhalb von zwei Jahren wurden auf das ehemalige Firmengelände nicht weniger als 84 Unternehmen - vom Handwerks- bis zum 500 Mitarbeiter starken Produktionsbetrieb - gebracht. Rund 1000 Menschen arbeiten jetzt hier und die Nachfrage nach dieser Adresse ist so groß, dass zu den vorhandenen Gebäuden neu gebaut werden muss. Für Leben sorgen Gastronomie und, man lese und staune - ein Theater, das mit Tanzsaal und Bar verschiedene Nutzungen zulässt. Im Gewerbepark ist dadurch auch Abends noch Leben.Liebevoll sprechen die Vorarlberger von ihrem Ländle. Ein Begriff, der durchaus wörtlich zu nehmen ist, hat das wohlhabende österreichische Bundesland im Westen der Alpenrepublik doch gerade mal die doppelte Fläche des Main-Tauber-Kreises.
THOMAS WELLER MAIN-TAUBER-KREIS
Vom Ländle (Baden-Württemberg) ins Ländle (Vorarlberg) begab sich der Kreistag mit Landrat Georg Denzer an der Spitze.
Ein weiteres Beispiel unkonventionellen Denkens und Tuns ist das Dornbirner Messezentrum. Früher gab es hier nur eine Textilfachmesse. Die meiste Zeit des Jahre standen die Hallen leer und so ging man vor zehn Jahren dazu über, eine Doppelnutzung mit dem Sport einzugehen. Jetzt wird hier etwa Indoor-Tennis gespielt und ein kleines Fechtzentrum schickt sich an, junge Degen- und Florett-Talente in die Weltrangliste zu führen. Einziges Problem ist, dass man sich in der Messezeit arrangieren muss - und das immer öfter, denn die Messegesellschaft hat inzwischen neue Ausstellungen entwickelt. So findet etwa vom 19. bis 21. Oktober dieKirchenmesse "Gloria" statt.
Sportreferent Erwin Reis zeigte den Besuchern aus dem Main-Tauber-Kreis auf dem Messegelände mit besonderem Stolz die architektonisch interessante, 5000 Zuschauern Platz bietende Eissporthalle, die nicht für sportliche Veranstaltungen zu Verfügung steht, sondern auch für große Events. So wird etwa im März 2001 schon zum zweiten Mal "Wetten dass" von hier aus gesendet werden.
Weitere Möglichkeit zum Gespräch mit den Dornbirner Gastgebern, aber auch untereinander - das Gremium besteht ja in dieser Zusammensetzung noch kein Jahr - bestand am Abend im Panoramarestaurant auf dem Dornbirner Hausberg, dem Karren. Per Seilbahn ging es hinauf und nachdem sich die Regenwolken - übrigens Dauerbegleiter während der drei Tage - etwas gelichtet hatten, bot sich ein fantastischer Blick über die Stadt und zum nahen Bodensee.
Ein kleines, aber feines Kontrastprogramm gabs am Dienstagvormittag mit dem Besuch des "größten Rolls-Royce-Museums der Welt" nur wenige Kilometer von der Innenstadt entfernt. Der Inhaber selbst führte die Besucher durch die beeindruckende Ausstellung, begeisterte nicht nur durch seinen großen Sachverstand sondern auch durch seine vergnügliche Art der Präsentation seiner teuren Schmuckstücke, die er in aller Welt zusammengekauft hat.
Krönender Abschluss der Kreistagsfahrt war der Besuch des Vorarlberger Parlaments in Bregenz und das Gespräch mit Landesrat Siegi Stemer im Plenarsaal. Hier gab es noch viel über Verwaltungsstruktur, Parteien und Politik im Ländle zu erfahren. Besonders interessant war zu hören, dass der Haushalt von Vorarlberg, der von 36 Abgeordneten (18 ÖVP, elf FPÖ, fünf SPÖ, zwei Grüne) beschlossen wird, vollkommen ohne Schuldenaufnahme aufgestellt wird. Fast zwei Stunden nahmen sich Stemer und ein Mitarbeiter des Landeshauptmanns Zeit, den Kreisräten Frage und Antwort zu stehen und mit ihnen zu diskutieren.